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28.08.2019 · DFFD Kultur ·

Kultur von unten betrachtetDer Deutsch-Französische Freiwilligendienst (DFFD) bewegt nicht nur Menschen

Von: Océane Gobin-Brassart / Ich heiße Ponyo, bin ein Mischlingswelpe und 10 Monate alt. Geboren wurde ich in “Frankreich”. Da mein “Frauchen” unbedingt in diesem winzigen Örtchen im Nordosten von Deutschland, in Gnoien, ihren Freiwilligendienst leisten wollte, wurde ich gezwungener Maßen nach Deutschland umgesiedelt. Nach kurzer Zeit merkte ich aber, dass der einzige Unterschied zwischen den beiden Orten in der Art, wie die Menschen reden, bestand. In Frankreich sagen sie zu mir “assis”, “au pied” und “couché”. In Deutschland wiederum sprechen sie mich an mit “Sitz”, “Komm” und “Platz”. Die Menschen sind irgendwie merkwürdig. Immer müssen sie sich trennen, wegen der Sprache oder des Alters. Manchmal auch wegen der Hautfarbe, habe ich gehört. Seit wir in Deutschland sind, gehen mein Frauchen und ich jeden Tag in ein schönes Haus, in dem es gut nach Kuchen, Milchschaumkaffee und Holz riecht. Dort machen die Menschen komische Sachen. Und was das Beste ist, sie sind gar nicht voneinander getrennt, obwohl sie alle sehr verschieden sind. Sie gehen zum Beispiel drei Mal in der Woche in einen Raum, in den ich leider nicht mit hinein darf. Dort legen sie sich auf Matten, um sich zu strecken, glaube ich. Dieser Raum ist sehr beliebt, auch bei Kindern und Frauen, die sich da nach Musik bewegen und viel lachen, manchmal. Ich höre das sehr genau, weil ich währenddessen in meinem Körbchen unter der Treppe liege. Ich mag diese Stunden besonders gern. Dann wieder sitzen sie an einem Tisch und sind minutenlang ganz still. Sie machen etwas mit den Händen, das wahrscheinlich “schreiben” heißt. Plötzlich reden sie viel zusammen und ziemlich laut. Das scheint ihnen großen Spaß zu machen. Manchmal gehen sie sogar auf diesen höheren Fußboden, mit Treppe.

Dort bewegen sie sich komisch. Eine Frau sitzt unten. Sie lacht oder sagt etwas zu dem Spiel oben. Ich spiele lieber mit einem Ball. Fast jeden Tag kommen sehr viele kleine Menschen in unser Haus, die Kinder. Alle wollen mich anfassen, naja fast alle. Manche weinen leider. Ich weiß nicht warum. Die Kinder sind unglaublich laut und riechen immer sehr interessant. Sie machen mir ein bisschen Angst, deshalb verkrieche ich mich lieber unter einen Tisch und beobachte. Wenn sie in der Küche sind und was Leckeres vorbereiten, lassen sie immer ein Stückchen auf den Boden fallen. In diesem Raum neben der Küche, sie nennen es auch Theatergarderobe, ist es sehr gemütlich und voller Kinderlachen. Ich gehe selten in die “Werkstatt”, weil dort vieles ist, was einen schrecklichen Krach erzeugt. Aber manchmal liegt dort auch ein verlassenes Holzstück, und das finde ich toll. Hinter der nächsten Tür ist ein anderer  Raum, sehr groß. In dem kann ich schön schlafen. Er riecht nach Bienenwachs und Farbe. Man muss gut aufpassen, sonst kriegt man eine rote, blaue oder weiße Nase. Die Kinder sind so frech. Was sie auf dem großen Tisch machen, unter dem ich schlafe, weiß ich überhaupt nicht. Aber sie können sich stundenlang damit beschäftigen. Was ich auch an dem Haus noch toll finde, ist, dass viele ältere Leute kommen, um Kaffee zu trinken und Kuchen zu essen und um nur zu sitzen und zu reden. Ich bleibe immer in der Nähe, weil sie mir meistens viele Leckerlis geben und mich gern streicheln. Ich glaube, dass ich ihnen jede Menge Freude bereite. Die Menschen bringen mir auch Freude, deswegen bleibe ich dabei, auch wenn sie langweilige Sachen machen. Nicht alle, die in das Haus kommen, sprechen Deutsch. Es gibt Zeiten, da höre ich, der ich mich schon an die harte neue Sprache gewöhnt habe, weiche ungewöhnliche Töne. Diese Leute sprechen wild durcheinander und reden mit Händen und Füßen. Sie freuen sich sehr, dass sie das Haus gefunden haben. Das Komischste überhaupt finde ich, wenn sie alle in einem dunklen Raum sitzen und sich große Bilder anschauen. Ich komme mit, weil ich nett bin, aber ich schlafe lieber an irgendwelchen Füßen. Wenn die Sonne scheint, und Kinder da sind, dann spielen und kuscheln wir gemeinsam auf dem Hof. Und wenn die Kinder kommen, die auf dem höheren Fußboden stehen, um laut zu sprechen und sich komisch zu bewegen, dann essen sie zusammen danach, und ich kriege oft auch etwas ab. Das ist prima, wie in meiner Familie, als ich noch ganz klein war bei meiner Mutter und meinen Geschwistern in Frankreich. In diesem Haus in “Deutschland” fühle ich mich wohl, und ich glaube, dass sich die Menschen dort auch wohl fühlen.

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Die Autorin dieses Textes Océane Gobin-Brassart leistete zwischen September 2018 bis Ende August 2019 ihren Deutsch-Französischen Freiwilligendienst im Familienzentrum KULTURBÖRSE Gnoien cultura mobile e.V. Im vergangenen Jahr leisteten 15 weitere junge Menschen aus Frankreich ihren Deutsch-Französischen Freiwilligendienst in kulturellen Einrichtungen in ganz Deutschland. Aus Deutschland wiederum engagierten sich 17 Freiwillige an der Arbeit in französischen Kultureinrichtungen. Begleitet und Verwaltet werden die Freiwilligen in Deutschland vom Verein VEFA/Haus Rheinland-Pfalz und die Freiwilligen in Frankreich vom Kulturbüro Rheinland-Pfalz.

Der Text erschien in der Zeitschrift Soziokultur in MV des Landesverbandes Soziokultur in Mecklenburg/Vorpommern zum 30.04.2019

 

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