Ein Akademieprojekt leiten in der Landesstiftung für junge „Newcomer“ der Klassik, das war mein Projekt im Rahmen des FSJ. Die sogenannten Meisterkurse beginnen an einem Montag mit der Anreise der Stipendiaten und des „Meisters“, sprich Musikprofessors, aus der ganzen Welt mit dem Ziel, Techniken zu verbessern, neue Werke einzustudieren und Kontakte zu knüpfen. Geprobt wird bis Freitag den ganzen Tag, am Wochenende dann konzertiert – überall in Rheinland-Pfalz. Am folgenden Montag reisen die Musiker wieder zurück zu ihren Studienorten, Stipendienplätzen oder Orchesteranstellungen. „Camerata“ bedeutet Kammerorchester und in meinem Fall bestand dies aus neun Streichern & einem Cembalisten.
Das Programm (aufgeführte Werke) und die Konzertorte sowie die Termine waren schon zum Saisonbeginn festgelegt. Zu dieser Zeit war ich noch nicht als Freiwilliger tätig und das sollte man auch Spezialisten überlassen, die die Werke kennen. Es gab dennoch vielfältige Aufgaben zu übernehmen, zum Beispiel die Reservierung der Hotelzimmer für die Musiker oder das übermitteln der Bühnenanweisung (Bühnengröße, Verpflegung, Hilfspersonal, Anreisezeit etc.) an die Veranstalter. Außerdem mussten Anzeigen kreiert & an verschiedene Zeitungen verschickt werden. Welcher Stipendiat welche Stimme spielen darf, sollte ebenfalls ein Kenner entscheiden. Als aber am Startmontag eine Bratschistin unfallbedingt ausfiel, sollte ich mich um Ersatz kümmern. Als alle eingetroffen waren ging es um einen reibungslosen Ablauf der Woche. Es wurden Besetzungslisten und Probenpläne ausgehängt. Damit den Proben jedoch nichts mehr im Wege stand, musste in unserer Gastronomie die Mahlzeiten & Kaffee bestellt werden. Bankdaten mussten erfragt werden, da den Stipendiaten die Anreisekosten erstattet werden. Verträge mussten unterzeichnet werden.
Für die Konzerte wurde ein Bus für die Musiker bestellt. Ich selbst fuhr mit einem Firmenfahrzeug und dem Cembalisten je eineinhalb Stunden vorher los, da das Stimmen des alten Instruments ein wenig mehr Zeit in Anspruch nahm. Am Konzertort angekommen musste es schnell gehen, zuerst das Cembalo aufbauen. Als der Cembalist zu stimmen begann, kümmerte ich mich als „Inspizient“ um das Licht und den Aufbau der Notenständer für das restliche Kammerorchester. In der Pause galt es, die Aufstellung für das Oktett umzustellen. Nun war alles getan und ich musste bloß noch während der Einspielprobe anwesend sein – als Ansprechpartner für die Musiker. Die Abendkasse wurde vom Veranstalter übernommen, ich hatte bloß die Restkarten (von Villa Musica Mainz abgeholt) zum Verkauf mitzubringen. Für das Konzert selbst bat der Dozent mich, eventuelle Fotografen der Presse zu kontaktieren, um einen einmaligen Zeitpunkt für Fotos abzusprechen. Übrigens war als Repräsentant der Villa Musica ein Anzug Pflicht.
Nach dem Konzert wurde alles wieder eingepackt und nach einem letzten Rundgang machte ich mich – wieder mit dem Cembalisten – auf den Heimweg. Der letzte Blick durch die Räume war hier wichtig, denn Musiker vergessen auch schon mal ihre Noten. Kein Problem war es erst spät nachts nach Hause zu kommen, als Entschädigung hatte ich drei tolle Konzerte. Dafür mussten später Konzertberichte geschrieben werden, in denen Ablauf, Verpflegung und Publikumszahl vermerkt wurden.
Rückblickend kann ich sagen, dass das Projekt mich gefordert und mir sehr viel gebracht hat. Wenn man mal eine ganze Woche konsequent in seinem Denken wachsam und präsent sein muss, prägt sich ein Fehler deutlicher für die Zukunft ein, denn als Verantwortlicher hat man die Pflicht sich sofort um eine Lösung zu kümmern. Hinzu kommt die große Freude, als Betreuer mit der Gruppe zusammenzuwachsen. Die Stipendiaten sind nicht viel älter als ich und trotz ihres internationalen Erfolges sehr freundlich, umgänglich und einfach zufriedenzustellen, ebenso der musikalische Leiter. Schwer war für mich, die richtige Zeit für die vielen Aufgaben abzupassen und die Musiker nicht gerade zum ersten Briefkontakt mit vielen Fragen zu bombardieren, die in aller Ruhe zur Kurszeit besprochen werden konnten. Ich empfehle mittlerweile jedem ein FSJ. Es ist eine herrliche Lernpause zwischen Schule und Studium und doch lernt man nicht weniger als im Klassenraum.
Tobias
Villa Musica / Schloss Engers