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09.07.2013 · Alle Beiträge ·

Eigentlich wollte ich nicht an die Förderschule…

Vor Kurzem habe ich ein Interview mit Eileen geführt. Sie leistet ihr Freiwilliges Soziales Jahr an der Schiller-Schule FSP Lernen Höhr-Grenzhausen. Hier erlebt sie Tag für Tag einen spannenden Einblick in den Alltag der Pädagogik einer Förderschule, von dem sie gerne berichtet:

Eileen, du leistest derzeit dein Freiwilliges Soziales Jahr an der Förderschule in Höhr Grenzhausen. Beschreib uns doch einmal deinen Arbeitsalltag hier.

Spass am FSJ-FSUm 07:45 Uhr fängt bei uns die Schule an. Ich bin meistens schon um 07:30 Uhr hier, gehe dann noch einmal in Lehrerzimmer und gucke ob irgendwas in meinem Fach liegt oder ob was auf der Tafel steht. Hier steht dann, wenn ein Lehrer fehlt oder wenn irgendein Kind irgendwas hat oder solche Dinge, damit wir alle vorbereitet sind. Dann gehe ich mit in die Klassen 1 bis 4 normalerweise von der ersten bis zur fünften Stunde. Dienstags zum Beispiel hole ich dann die etwas höhere Klasse, die sechste, ab und fahre alleine mit ihnen zum Schwimmen und zurück fahren wir dann mit dem Schulleiter.

Ich sitze mit im Unterricht, helfe und unterstütze die Lehrer, schreibe teilweise einzeln mit den Kindern Arbeiten, weil sie einfach eine besondere Förderung brauchen und mache jeden Tag mit drei Kindern aus einer Klasse Leseförderung. Das hat sich als gut erwiesen, da sie sich dadurch stark verbessert haben.

In der sechsten Stunde gehe ich mit den ganz Kleinen Essen. In der siebten Stunde kommen die großen zum Essen. Hier bin ich dann auch dabei, als Aufsicht. Danach habe ich eine Stunde Lernzeit, wieder mit den ganz Kleinen, aus der Klasse in der ich vormittags am meisten mit bin. Danach sind noch zwei Stunden AG. Dienstags habe ich meine eigene AG, die Tanz-AG und den Rest der Woche bin ich dann bei anderen AGs einfach mit zugeteilt.

Wenn ein Kind früher nach Hause möchte, dann gehe ich mit ihm mit, ruf die Eltern an und warte solange, bis es abgeholt wurde. Manchmal muss ich auch Pausenaufsicht führen, wenn zum Beispiel Lehrer fehlen.

Was ist für dich das Besondere an deinem Job?

Also besonders finde ich, dass ich ganz viel von den Kindern mitbekomme. Jedes Kind trägt sein Päckchen und wenn ich dann sehe, dass bei einem sehr schwachen Kind die Leseförderung Früchte trägt, dass es vorher keinen ganzen Satz lesen konnte, jetzt aber alles selbst liest und in Arbeiten die Fragestellung komplett selbst lesen kann, macht das einen schon glücklich und es erfüllt einen dann ein bisschen. Besonders ist auch, dass man als FSJler eine andere Beziehung zu den Schülern hat, als dies Lehrer oder als Nachmittagskraft haben. Man muss eben nicht den großen Abstand haben wie Lehrer, da man nicht benoten muss. Man steht in einem ganz anderen Verhältnis zu den Kindern. Das finde ich besonders. Wenn sie dann auch noch zu einem kommen und erzählen wenn sie was haben weil sie vertrauen haben, das macht schon Spaß.

Früher war ich noch eine Stunde in der Spielzeit anstatt der zweiten Stunde Essensaufsicht und die habe ich am meisten genossen. Da konnte man einfach mit den Kindern Lego spielen oder basteln und das finde ich schön, weil man eine eigene Bindung zu den Kindern aufbauen kann.

Wirst du das alles vermissen, wenn das FSJ vorbei ist?

Ja, ich denke schon. Manche Sachen, da bin ich ganz ehrlich, bin ich froh, sie nicht mehr machen zu müssen, z.B. Essenaufsicht in der Mensa, das ist schon immer extrem laut und anstrengend aber mit den Kindern arbeiten, das werde ich schon vermissen. Auch bestimmte Kinder, mit denen ich besonders viel zu tun habe, werde ich vermissen.

Wolltest du von vornherein dein FSJ an einer Förderschule machen?

Nein! Das FSJ war bei mir ohnehin eine spontane Aktion. Im Mai fiel mir ein, dass ich das mal machen könnte. Ich hatte vorher eine Bewerbung fürs Studium geschrieben, weil ich eigentlich auch gar nicht wusste, was ich machen wollte. Die war dann auch eine Absage, was auch irgendwie vorauszusehen war. Meine Mutter meinte dann, dass ich was machen sollte, da ein Jahr Lücke im Lebenslauf blöd aussieht. Ich habe im Internet in diesem Portal (Anm. gem. ist www.fsj-ganztagsschule.de) geschaut und da waren dann auch schon ganz viele Schulen weg. Hier im Umkreis war dann nur noch diese Schule und eine andere. Dann habe ich mich bei beiden Schulen beworben und wurde auch bei beiden Schulen zum Vorstellungsgespräch eingeladen und beide haben gesagt, ich kann kommen. Nach dem Gespräch bei der anderen Schule hatte ich aber nicht so ein gutes Bauchgefühl. Zu Hause habe ich dann ganz viel mit meiner Verwandtschaft gesprochen weil ich schon Angst vor der Förderschule hatte, da es ja sehr viel ums Erziehen geht und eben weil ich ja auch erst 20 bin und zu den Großen der Altersunterschied nicht so groß ist, habe ich gesagt, weiß ich nicht, wie die reagieren. Meine Mama hat dann schließlich gesagt: du musst überlegen, was die dankbarere Aufgabe von beiden ist und was dein Bauchgefühl sagt.

Herr Haben (Anm. Herr Haben ist der Schulleiter der Schiller-Schule FSP Lernen Höhr-Grenzhausen) hat auch gesagt, dass ich nicht allein sein und mir der Rücken gestärkt würde. Sollte ich etwas haben, könnte ich jederzeit kommen. Deswegen habe ich es auch gewagt.

Ich habe mich hier von Anfang an wohl gefühlt. Ich glaube nicht, dass ich an der anderen Schule so glücklich geworden wäre. Weil ich hier sehr frei bin. Ich kann sagen, ich gehe in diese AG oder ich mache das. Neulich war ich mit einer Lehrerein zusammen ein Kind testen mit Verdacht auf eine Lernschwäche. Da durfte ich auch mitfahren und mir wurde der Vormittag dafür frei gegeben, dass ich da mal mit reinschnuppern kann.

Die bessere Entscheidung, auf jeden Fall!

Hattest du noch andere Vorurteile, außer dem Altersunterschied?

Ja, ich hatte natürlich die Vorurteile, dass die Kinder anstrengend sind, dass die Kinder auch überwiegend negativ sind, ich will nicht sagen böse, aber dass sie sehr auf Rebellion aus sind und das hat sich aber ins Gegenteil gekehrt. Klar, haben wir hier auch Kinder, bei denen man sagt, die sind schwierig aber die meistens sind lieb.

Also haben sich die Vorurteile nicht bestätigt?

Nein! Viele denken ja auch, dass eine Förderschule dreckig oder eklig ist. Wenn ich sehe, was wir hier für eine schöne Schule haben, da könnte sich meine Schule bei der ich Schulabschluss gemacht hat mal eine Scheibe von abschneiden. Hier ist alles neu und sauber. Was die hier an Spielgeräten haben ist echt schön. Sogar zwei Kickertische und ein schönes Schülercafe gibt es hier und alles ist so ordentlich und sauber.

Was könntest du zukünftigen FSJlern raten, die ähnliche Vorurteile gegen Förderschule haben?

Also ich würde ihnen raten, wenn sie mit dem Gedanken spielen ein Freiwilliges Soziales Jahr an einer Förderschule zu machen, dass sie einfach mal ein Praktikum an einer machen ¬- nur zwei Tage reinschnuppern. Das gibt’s bei ganz vielen Schulen, das habe ich auch gemacht bei der Schule in Neuwied (Anm.: gem ist Landesschule für Gehörslose und Schwerhörige). Wenn man sich das mal zwei oder drei Tage angeschaut hat, dann merkt man, wie es wirklich ist, und dass es auch Spaß macht, wenn man vor diese Herausforderung gestellt wird: Das Kind will das jetzt in dem Moment nicht aber es muss halt bspw. Mathe oder so machen. Wie geht man damit um? Da sollte man einfach mal versuchen die eigenen Vorurteile abzulegen, denn es sind ja auch Menschen, wie du und ich. Die haben halt echt ihr Päckchen zu tragen. Viele der Förderschulkinder sind auch hier weil sie einfach Probleme zuhause haben und von dort nicht den Rückhalt oder die Unterstützung bekommen. Oder weil Elternteile gestorben sind und das dann ein Rückschlag war.

Ich würde mir wünschen, dass man mehr Verständnis zeigen für die Kinder und nicht sofort sagen Förderschule ist doof.

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