Britta Lins, unsere neue Referentin, stellt sich vor
Da, wo andere Urlaub machen, beginnt nun im Dezember meine neue Tätigkeit als Referentin für die LAG Soziokultur und Kulturpädagogik in Niederlahnstein. Nein, das Ruhrgebiet ist nicht nur grau, aber kein Vergleich zu diesem unglaublich beeindruckenden Fluss, der sich zwischen Weinberge und Burgen schlängelt und selbst bei typisch grauem, deutschem Winterwetter ziemlich malerisch, wenn auch rau daher kommt.
Ursprünglich komme ich aus dem Ruhrgebiet. Dort habe ich 15 Jahre in einem soziokulturellen Zentrum gearbeitet. In den 15 Jahren war ich in diesem Haus in den unterschiedlichsten Bereichen unterwegs. Von der kompletten Organisation und zahlreichen Verwaltungsaufgaben, dem Planen von Veranstaltungen, dem Schreiben von Anträgen – wie es halt in der Soziokultur oft ist – Allrounder. Diese Zeit war sehr prägend und hat mich dahingehend bestärkt, mich auch mit der Verbandsarbeit zu beschäftigen. Ich fand es in NRW immer spannend, die Arbeit der anderen Zentren kennen zu lernen, und finde vor allem den Austausch wahnsinnig wichtig. Dabei geht es um Visionen, Wünsche und Forderungen, die für unsere Arbeit und deren Fortbestand maßgeblich wichtig sind. Wie leben und denken wir Soziokultur und kulturelle Bildung? Welches Publikum wollen wir erreichen? Wofür müsste mehr Geld da sein und was können wir dafür tun? Was berührt und was ärgert uns? Was sollen Soziokultur und kulturelle Bildung in Zukunft ausmachen? Das sind die Fragen, mit denen ich meine Arbeit in der LAG in Rheinland-Pfalz beginne und mich dafür entscheide, zunächst auf eine Reise zu gehen, um alle unsere Mitglieder persönlich kennen zu lernen und mir einen Eindruck ihrer Orte und ihrer Arbeit zu verschaffen. So beginnt meine Reise durch Rheinland-Pfalz. Mit einem kleinen, sehr komfortablen E-Auto mache ich mich auf den Weg.
Auf (Sozio-) KulTour in Rheinland-Pfalz…
Meine erste Station ist eigentlich fast zu Fuß erreichbar. In Lahnstein gibt es schon seit bereits 41 Jahren das JUKZ- Jugend- und Kulturzentrum. Ich treffe mich mit Nasti Houshmand und Thomas Seggel in den Räumen einer ehemaligen Kindertagesstätte. Und da liegt auch schon das sehr aktuelle Problem. Wie so oft in diesen alten Gebäuden, die zu Kulturstätten umgenutzt wurden, sind die aktuellen Brandschutzbestimmungen nicht mehr umzusetzen. So auch im JUKZ. Themen wie Ausweichräume, wie kann das JUKZ seine Arbeit im Stadtteil an einem neuen Ort umsetzen, sind hier gerade elementare Themen, mit denen das Haus und seine Akteure sich befassen müssen.
Da ich in Koblenz-Ehrenbreitstein eine Bleibe gefunden habe, ist mein nächstes Ziel fußläufig. Von Ehrenbreitstein über die Brücke ist es nicht weit bis zur historischen Altstadt.
Wenn man diesen für Touristen sehr reizvollen Stadtteil verlässt und die Mosel überquert, landet man im Stadtteil Lützel, der wenig mit dem Flair der touristischen Altstadt zu tun hat. Man flaniert durch Parkplatzlandschaften, Baustellen, vorbei an Imbissen und landet in einem sehr diversen Stadtteil, wo neben dem afrikanischen Lebensmittelgeschäft, dem Bläserladen, viele unterschiedliche Gemeinden und Moscheen beheimatet sind. Ein Quartier, das mit der privilegierten Lebenssituation der Südstädter wenig zu tun hat. Mittendrin in einer ehemaligen Briefumschlagfabrik ist die Kulturfabrik Koblenz.
Christina Zirngibl vollführt das Kunststück, mir ihre Arbeit und das Haus zu zeigen, gleichzeitig das Telefon zu bedienen und Lieferanten in Empfang zu nehmen. Dieses Haus hat tolle Räume, die auf unterschiedlichste Art und Weise genutzt werden. Hier gibt es Kindertheatervorstellungen, Konzerte und auch ein regelmäßiges Familienfrühstück ist meist ausgebucht. Im Haus selbst befindet sich auch die Residenz des Jugendtheater Koblenz. Die Kulturfabrik hat auf Grund ihrer Lage und Räumlichkeiten die Möglichkeit, ein Dreh- und Angelpunkt im Stadtteil und an der Quartiersentwicklung maßgeblich beteiligt zu sein.
Wieder zurück über die Mosel geht es in Richtung Hauptbahnhof. Hier gegenüber hat die Jugendkunstwerkstatt seit 35 Jahren ihr Domizil. In der sehr großen Küche der Jugendkunstwerkstatt bekomme ich einen ersten Kaffee und treffe mich mit Christof Nießen, der mir die Jugendkunstwerkstatt Koblenz zeigt. Wir fangen an mit der Küche, die von vielen Kursen genutzt wird. Weiter geht es in der oberen Etage, in der viele Räume als Werkstätten für unterschiedlichste Angebote fungieren. Von Tonarbeiten über Nähkurse bis hin zu Holzarbeiten. Ich begreife, wie unheimlich wichtig es für die jungen Menschen ist, Begegnungsorte zu haben, die sie auch kreativ nutzen können, und wie emotional die Bindungen sind, die für die Heranwachsenden hier entstehen. Später bleiben sie dann als FSJler oder beispielsweise auch als Eltern der zukünftigen Generation erhalten, deren Kinder wiederum die Angebote der Jukuwe nutzen. Diese Orte finden sich auch im Stadtraum wie beispielsweise der Bauspielplatz.
In der untersten Etage befindet sich ein großer Raum, in dem die Bewegungs- und Darstellungsangebote stattfinden können, wie beispielsweise ein Clownerie-Workshop oder Vertikaltuch für Jugendliche und junge Erwachsene. Wir hören mit unserem Rundgang da auf, wo wir angefangen haben: in der Küche. Was die Jugendkunstwerkstatt vor allem auch sein will und was sie für mich zu einem typischen, soziokulturellem Begegnungsort macht: sie ist ein freier Raum, in dem man sich einfach mit Freund*innen treffen kann, aber auch ein Kunst- und Kulturraum im Quartier. Sie ist aber auch ein Ort der politischen Bildung. Seit 2001 gibt es in den Räumen der Jugendkunstwerkstatt das Kinder- und Jugendbüro Koblenz, dass unter anderem Partizipationsprojekte wie Spielplatzplanungen und Jugendforen begleitet und die politischen Strukturen für junge Menschen durchschaubar und greifbar macht, aber auch die Geschäftsstelle und pädagogische Leitung des Jugendrats ist.
Das nächste Reiseziel ist der Westerwald. Ich fahre nach Altenkirchen, wo ich mich mit Helmut Nöllgen und Margret Staal zunächst im Kultur-/Jugendkulturbüro treffe. Dort zeigt mir Helmut Nöllgen einen Film, der die Arbeit des Haus Felsenkellers und des Büros der letzten 35 Jahre dokumentiert. Viele Comedy-, Kabarett- und auch Größen aus der Musik haben den Weg nach Altenkirchen gefunden, um u.a. im Spiegelzelt aufzutreten. Aber auch andere spannende Orte in der Umgebung wurden bespielt, Innenstadtgeschäfte, das Foyer der Sparkasse, die Stadthalle Altenkirchen, aber auch ein Autohaus wurde zur Bühne. Danach erzählt mir Helmut, wie sie zu seiner Zeit den Felsenkeller aufgebaut haben, der zu vorigen Zeiten ein altes Kurhotel war. Darauf bin ich sehr gespannt, und wir fahren gemeinsam hoch zu diesem wunderschönem Gebäude, das heute als Bildungs- und Begegnungsstätte fungiert, aber auch das Vollwertrestaurant „Na endlich“ beherbergt.
Man kann in Jurten übernachten, aber das sehr schöne, alte Haus beinhaltet auch eine Menge Übernachtungsräume, die auch als Ferienziel sehr attraktiv sind. Hier gibt es einiges an Bildungsangeboten. Von Yoga über Pilates, Tai Chi, aber auch eine Menge Vorträge finden unter dem Dach des Haus Felsenkeller statt.
Die nächste Reise führt mich fast bis nach Hessen. In den Wäldern liegt noch Schnee und ich fahre durch verwunschene Berglandschaften bis nach Zollhaus/Hahnstätten. In einem alten Getreidespeicher befindet sich das Kreml-Kulturhaus. In dem beeindruckenden, alten Backsteinhaus mit seinem großen, verwinkelten Außengelände gibt es vielseitige Angebote. Es gibt helle Räume für Ausstellungen, eine Kinder- und Jugendkunstschule und ein Mehrgenerationenhaus. Der große Saal unten bietet Platz für Konzerte, aber auch ein vielfältiges Kinoprogramm findet dort statt. Es gibt einen Waldkindergarten und auch ein gastronomisches Angebot mit einem Mittagstisch am Mittwoch (mein Besuch fiel auf einem Mittwoch J). Beim Mittagessen erzählt mir Björn Völker, dass nebenan Gebäude dazu gekauft wurden, die jetzt renoviert werden, um für kulturelle Bildungsangebote für Jugendliche noch mehr Platz zur Verfügung stellen zu können.
Zurück in Koblenz mache ich mich auf dem Weg Richtung Brohltal. Über Serpentinen geht es hoch auf den Berg, auf dem die Künstlerin Karin Meiner 2015 den Kunstpavillion Burgbrohl errichtet hat. Bei einer Tasse Kräutertee erzählt mir Karin Meiner über die Entwicklung des Ortes und ihre Arbeit. Was mich so fasziniert, ist, dass ihre Arbeit es schafft, sich mit dem Dorf und der Gemeinde zu verbinden, beispielsweise in Form von Künstler*innen-Residenzen, die für geraume Zeit im Kunstpavillion bzw. in Burgbrohl arbeiten und ihre Arbeiten in unterschiedlicher Form in die Gemeinde bringen. Im Kunstpavillion gibt es Bildungsangebote für Kinder wie auch für Erwachsene. Das wahnsinnig große Gelände lädt zum Begegnen ein und wird somit zum kulturellen Treffpunkt. Besonders spannend finde ich hier die Aufhebung von künstlerischer Verspartung, bzw. dass die Grenzen eher fluide sind, was für mich ein typisches Merkmal der Soziokultur ist. Kunst, kulturelle Bildung, Performances, Vorträge, Yogakurse aber auch ein offener Bauspielplatz, all das schafft Begegnungen, die gerade auch im ländlichen Raum so wichtig sind.
Mittlerweile haben wir Februar und der Frühling lässt sich langsam erahnen. Links die Mosel und rechts die Weinberge und das im Sonnenschein. Es geht nach Klotten, das zu Cochem gehört. Dort besuche ich die Künstlerin Anja Schindler und den Puppenspieler Matthias Träger, die dort seit 2010 eine Jugendkunstschule betreiben. Diese hat jetzt Winterpause. Die ehemalige Strickwarenfabrik ist ein sehr ungewöhnlicher, liebevoll gestalteter Ort und beherbergt auch das Atelier von Anja Schindler und die Werkstatt und Probenraum von Matthias Träger. In der JUKUSCH gibt es vielfältige Angebote im Jugendkunstschulbereich, aber auch ein offenes Atelier für Film, Foto und Theaterkurse. Anja Schindler und Matthias Träger haben hier einen Ort geschaffen, der für den ländlichen Raum exemplarisch ein wichtiges Angebot für die dort lebenden Menschen vorhält.
Weiter an der Mosel entlang geht es nach Trier. Die auf jeden Fall notwendige Sightseeing-Tour, um unter anderem die Porta Nigra zu sehen, muss warten. Erstmal geht es zu den Räumen der europäischen Kunstakademie, direkt an der Mosel. Dort treffe ich mich mit Christina Biundo, die die dort ansässige Kunstflotte leitet. Die Kunstflotte hat unter ihrem Dach mehrere Einrichtungen, die die Kunst und die kulturelle Bildung im Land verstetigen sollen. Da gibt es die Kunstfähre, die sich als Agentur zur Vermittlung von Künstler*innen in kulturelle Bildungsprojekte versteht oder auch die Servicestelle kulturelle Bildung, der Ansprechpunkt für kulturelle Bildungspartner*innen in ganz Rheinland-Pfalz. Es gibt auch die Kunstjolle als Plattform für frühkindliche Kulturelle Bildung, deren Projekt beispielsweise KuBiQ (kulturelle Bildung im Quartier) als kostenfreier Kreativraum ansässig in Trier Süd viel Zustimmung findet.
In Trier treffe ich mich mit Jana Schröder, die seit 2022 die Tuchfabrik leitet. Aktuell ist im Haus eine große Klangausstellung „Movement Expo“, deren Exponate bei meinem Rundgang noch zu sehen sind. Die Tufa hat viele, wunderschöne Räume, die von unterschiedlichen Vereinen genutzt werden. Trotzdem gibt es einen Bedarf nach mehr Räumlichkeiten und das Gebäude, welches in den 1980ern als Provisorium zur Verfügung gestellt wurde bedarf einer Sanierung. Die Stadt Trier hat zugesagt hat auf dem angrenzenden Gebäude anzubauen. Der Anbau wird zunächst als Interim für das Theater Trier während dessen Sanierung genutzt und steht dann der TUFA zur Verfügung.
Von der Tufa aus ist es nicht weit bis in die Südstadt. Vorbei an dem genutztem Ladenlokal der KuBiQ, geht es weiter zu Fuß zu den Büroräumen der Kulturkarawane. Dort treffe ich mich mit Jochen Leuf und Tobias Urban. Die beiden erzählen mir über die Entstehungsgedanken und die Entwicklung der Kulturkarawane und deren aktuellen Projekte, die sehr viel mit aufsuchender Kulturarbeit zu tun haben. Ein festes Haus steht nicht zur Verfügung. Es gibt beispielsweise das Projekt „my urban piano“. Im Trierer Stadtgebiet werden zahlreiche bunt gestaltete Pianos, frisch gestimmt und einsatzbereit, frei zugänglich und für jedermann bespielbar aufgestellt. Oder auch „klein anders“, ein rollendes Kulturkonzept, ein alter Ford transit Oldtimer, der als fahrbare Bühne die Kultur in den ländlichen Raum bringt.
Die Kulturkarawane ächzt auch sehr unter der aktuellen Fördersituation, aber auch vor allem unter der Tatsache, dass bewilligte Fördergelder sehr spät ausgezahlt werden, so dass Projekte, die in naher Zukunft stattfinden sollen, auf der Kippe stehen.
Von Trier aus fahre ich erst an der Mosel entlang und dann weiter an der Saar, bis ich bei der Kulturgießerei in Saarburg ankomme. Auch hier gibt es reizvolle, geschichtlich weit zurückreichende Industriekultur, so dass die Route Industriekultur locker von NRW nach Rheinland-Pfalz führen könnte. Dr. Anette Barth leitet dieses wunderschöne soziokulturelle Zentrum in einem alten Backstein-Gebäude, in dem 1770 eine Glockengießerei beheimatet war und heute Kultur stattfindet. Ein Begegnungsort für Kinder und Jugendliche in der Jugendkunstschule, aber auch ältere Menschen nutzen das in der Gießerei beheimatete Cafe Urban, um sich zu begegnen. Im Museum der Gießerei kann man sehr praxisnah lernen, wie in den letzten Jahrhunderten Glocken gegossen wurden, von der Berechnung des Glockentons über die Anfertigung der Glockenform bis hin zum eigentlichen Guss der Glocke.
Zur Kulturgießerei gehört ein Mehrgenerationenhaus, ein Haus der Familie & Eltern-Kind-Zentrum, und es gibt einen Veranstaltungsbetrieb. Über all das erzählt mir Dr. Anette Barth mit einer Liebe und einem Engagement, die abbildet, wieviel Energie sie in dieses Projekt steckt. Auch hier erlebe ich ähnliches wie bei meinen anderen Besuchen. Ganz viel Engagement und Herzblut gepaart mit viel zu wenig personellen Ressourcen und ganz viel Ehrenamt, das nicht erst nach der Coronakrise wegbricht.
Und dann geht es nach Speyer. Es gibt auch noch mehr Kultur als den Dom, zum Beispiel dieses wunderbare Kinder- und Jugendtheater Speyer mit seinen sehr vielfältigen Angeboten und einem sehr engagierten Team. Ich treffe mich mit Nicole Schneider und Matthias Folz, die letztes Jahr Gastgeber für die Feierlichkeiten „30 Jahre LAG Soziokultur“ waren und uns an dem Tag schon viele Facetten ihrer Arbeit und auch von der Stadt Speyer gezeigt haben. Beide erzählen von den aktuellen Projekten und betonen auch nochmal, dass die Coronahilfen sehr wichtig waren, um den lange so nötigen Standardressourcen, wie zum Beispiel gerechte Gehälter bzw. Honorare und auch die nötige Ausstattung in ihrer Arbeit im Ansatz zu schaffen. Nach diesen Hilfen müssen nun weitergehendende Förderungen folgen, um diese Standards zu halten und nicht in der Entwicklung der Kulturarbeit das Rad zurück zu drehen.
Den Tag darauf zu Besuch bei der einzigen Jugendkunstschule in Speyer, dem Kulturhaus Pablo. Dort treffe ich nicht weit vom Kinder- und Jugendtheater Gertrud Villot und Julia Walther in den Räumen des Kulturhauses. Das Kulturhaus Pablo befindet sich in einem Wandlungsprozess, in dem es darum geht, die eigene Struktur zu überprüfen und auch den Generationenwechsel zu gestalten. Dafür partizipieren sie an Beratungsangeboten, die sie in diesem Prozess unterstützen werden.
Und weiter geht es durch malerische Weinberge mit einem kleinen Abstecher auf die Wachtenburg und dann in das sehr pittoreske Bad Dürkheim. Mitten in der Stadt in einem alten Winzerhof “Haus Catoir“ befindet sich die Offene Kreativwerkstatt, die dieses Jahr 50 Jahre alt wird. Auch hier wird darüber nachgedacht, wie kulturelle Arbeit weitergeführt werden kann und wie neue Generationen den Weg in die Kultureinrichtungen finden können, ohne dass Ehrenamt und Selbstausbeutung die einzige Voraussetzung sind.
Von Bad Dürkheim aus verlasse ich idyllische Landschaften und komme in die sehr von der Industrie geprägte Stadt Ludwigshafen. In einem alten 60er-Jahre-Bau mitten in der Stadt befindet sich der Kunstverein Ludwigshafen und die Kinder- und Jugendkunstschule unARTig, die sich das Gebäude mit städtischen Einrichtungen wie beispielsweise der Stadtbücherei teilen. Jasmin Meinold und Stefanie Schubert zeigen dieses sehr vielfältige Gebäude mit der Kinder- und Jugendkunstschule und dem Ausstellungsbereich. Durch umfassende Renovierungsarbeiten werden gerade vorübergehende Ausweichquartiere bezogen bzw. in Auge gefasst, was unglaublich viele Kräfte bindet.
Von Ludwigshafen aus geht es wieder in ländlichere Regionen und zwar nach Rockenhausen zum Kinder- und Jugend Zirkus Pepperoni. Diesen Ort konnte ich im vergangenen Jahr bereits bei der Mitgliederversammlung kennenlernen. . Die Mitgliederversammlungen finden immer in unterschiedlichen Mitgliedseinrichtungen statt, damit alle einen Einblick in die Arbeit der anderen Kulturschaffenden vor Ort bekommen. Dieter Krücken zeigte uns damals das Haus, das sie erst 2021 in einem alten Kino in Rockenhausen eröffnen konnten. Die Initiative ist aber schon seit 1988 mit ihrem Angebot im Ort aktiv. Der Zirkus fungiert nun in den Räumen als Kleinkunstbühne und ist in Rockenhausen die Anlaufstelle für mannigfaltige Angebote für Kinder und Jugendliche, aber auch für Erwachsene. Von da aus fahre ich weiter nach Bad Kreuznach.
Mitten in der Altstadt von Bad Kreuznach führt eine alte Brücke über die Nahe. Direkt am Anfang befindet sich die Kunstwerkstatt Bad Kreuznach, die von Renate Ziegler seit nunmehr 15 Jahren geleitet wird. Auch hier zeigt sich für mich wiederholt die Funktion, die Jugendkunstschulen in den Quartieren haben. Auf der einen Seite um Kreativität konkret mit Angeboten zu fördern, aber andererseits auch um einen Raum zur Verfügung zu stellen, an dem junge Menschen einfach sein können und die Möglichkeit haben, sich ohne Druck auszuprobieren. Auch dieser Ort leistet viel Arbeit mit wenig geförderten Stellen. Renate Ziegler ist für alles und jeden die Ansprechpartnerin. Wieviel mehr Möglichkeiten gäbe es, wenn die wirklich notwendige personelle Unterstützung da wäre.
Von Bad Kreuznach geht es nach Mainz, der Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz, bisher noch ohne soziokulturellem Zentrum. Das zu ändern, daran arbeiten Eva Trost-Kolodziejski, Joachim Schulte und Jürgen Waldmann mit zahlreichen Unterstützer*innen seit Jahren. Für ihre Idee haben sie eine wunderschöne alte ehemalige Kommissbrotbäckerei gefunden. Um dieses Gebäude herum wurde viel abgerissen und wird aktuell eine Menge neu gebaut, so dass ein neues Viertel entsteht.Hier wird es wichtig sein, für die dorthin ziehenden Menschen einen gemeinsamen Begegnungsort zu schaffen. Das will der Verein der Kulturbäckerei in Form eines Kunst- & Kulturhauses und Stadtteilzentrums schaffen. Die Angebote des Vereins wie offene Ateliers, Veranstaltungen im Quartier, Lesungen aber auch Performances sollen somit einen festen Ort bekommen und Raum schaffen für neue Kooperationen. Durch die Corona-Pandemie und das damit zusammenhängende wirtschaftliche Erstarken der Firma Biontec geht es auch der Stadt Mainz finanziell gut, so dass der Plan für die Kulturbäckerei jetzt an Zustimmung in der Kommune gewinnt und die Kulturbäckerei 2025 eröffnen wird. Der Weg dahin bleibt spannend.
In diesen vielen Wochen habe ich unterschiedlichste Orte besucht. Ich habe Jugendkunstschulen kennengelernt, die so umfassend Räume und Orte für junge Menschen öffnen und einladen, kreativ zu sein oder einfach nur zu sein. Eines der Kernkompetenzen der soziokulturellen Arbeit. Ich war in Städten, im ländlichen Raum und habe viele unterschiedliche Menschen getroffen, die unterschiedlichste spannende Arbeit mit sehr viel Engagement leisten, die es als Lebensaufgabe begreifen und die dafür sorgen, dass auf der Karte von Rheinland-Pfalz viele unterschiedliche lebendige Kulturorte zu finden sind. Die Kulturorte sind es wert, in diesem Bundesland an einer nachhaltigeren Unterstützung zu arbeiten, die dafür sorgt, dass den Menschen die Energie nicht ausgeht und die Ampeln auf der Landkarte von Rheinland-Pfalz grün bleiben. Ein Satz, den ich hier oft höre und den ich mir zur Aufgabe mache: Es sind sehr dicke Bretter zu bohren. Gehen wir es an.