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06.04.2016 · Allgemein ·

Positiv Verrückte und die Kulturpolitik

Die Landtagswahlen 2016 in Rheinland-Pfalz sind gerade einmal ein paar Wochen her und es gibt noch nicht einmal einen Koalitionsvertrag. Im Nachklapp zu Landtagswahl, möchten wir euch darüber informieren, welche Informationen wir im Vorfeld an die Parteien und Öffentlichkeit gestreut haben – um die Zukunft soziokultureller Zentren und Jugendkunstschulen langfristig zu sichern. Unsere kulturpolitischen Forderungen haben wir euch auch weiter unten zum Runterladen bereitgestellt. Auch wenn nun die Inhalte nicht mehr in den Wahlkampf einfließen können, halten wir es für wichtig, die Öffentlichkeit weiterhin für die Problematik der schlechten Kulturförderung in Rheinland-Pfalz aufmerksam zu machen.

Aus diesem Grund haben wir ein kurzes Interview mit Margret Staal, Mitglied unseres Vorstand, geführt:

Was hat die LAG Soziokultur & Kulturpädagogik dazu bewogen, die kulturpolitischen Forderungen herauszugeben?

“Vor der Landtagswahl 2011 haben wir an alle Parteien fünf Fragen gestellt, die auch beantwortet wurden. Die Antworten auf diese Fragen lesen sich ganz gut. Wir haben Sie auch veröffentlicht. Nur passiert ist in den fünf Jahren wenig. So haben wir zu dieser Wahl eine andere Form gewählt, nämlich die Dinge selber zu formulieren, und dies öffentlich zu machen, von denen wir glauben , dass sie notwendig sind, um der freien Szene in Rheinland-Pfalz und der Soziokultur und Kulturpädagogik eine bessere Grundlage für ihre Arbeit zu geben. Herausgekommen sind unsere kulturpolitischen Forderungen, in denen wir darstellen, wie die Situation derzeit aussieht, was die soziokulturellen Zentren und Jugendkunstschulen leisten und wo es fehlt in der Zusammenarbeit mit dem Ministerium und bei den Finanzen.”

Im Wesentlichen hat die LAG drei Punkte gefordert, – Einführung eines Kulturfördergesetzes, – Erhöhung der Pro-Kopf-Ausgaben für Kultur – und Einbeziehung der rheinland-pfälzischen Fachverbände in inhaltliche Fragen der Kulturarbeit. Gab es bisher Reaktionen hierzu?

“Wir sitzen mit allen freien Kulturverbänden zusammen an einem so genannten Runden Tisch Kultur, weil verschiedene Themen tatsächlich viele Verbände in Rheinland-Pfalz umtreiben. Einmal die sehr geringe Finanzierung der freien Kulturszene in Rheinland-Pfalz, bei der sich auch in den letzten zehn Jahren wenig bewegt hat. Aber auch die Beteiligung der freien Fachverbände bei Fachfragen in Entwicklungen und Diskussionen, wenn es z.B. um neue Programme geht.

Weiter Infos
Weiter Informationen zum Thema haben wir euch hier bereitgestellt. Die gesamten kulturpolitischen Forderungen könnt Ihr hier ansehen und downloaden.

Auf den Wunsch nach einem Kulturfördergesetz gab es tatsächlich auch schon Reaktion von Politik und Verwaltung. Die waren durchaus kritisch bezogen auf die Wirksamkeit eines solchen Fördergesetzes. Das ist sicher richtig. Wenn man aber gar keinen Schritt macht, bewegt sich auch nichts. Dass das Kulturfördergesetz nicht das Nonplusultra ist, ist klar. Das Kulturfördergesetz bietet aber als Chance, kommunale Kulturförderung von der Finanzaufsicht ein Stück zu lösen. Eine Kommune könnte z.B. einen Vertrag mit einer Einrichtung schließen, weil diese etwa wichtige Kinder- und Jugendkulturarbeit oder aber Integrationsarbeit mit Flüchtlingen leistet. Zum einen könnte hier die die ADD, als Prüfbehörde des Landes, nicht aufgrund von Haushaltssicherungsvorschriften die Förderung verweigern, zum anderen macht ein solches Gesetz deutlich, dass die Landesregierung Kultur als ein wichtiges Anliegen sieht. Abgesehen davon steht es in der Landesverfassung, dass Kulturförderung ein wichtiger Teil des Landesauftrages ist. Aber Papier ist geduldig.”

Heißt das, die Kulturförderung wird in Rheinland-Pfalz nicht so wichtig genommen?

“In Sonntagsreden wird immer wieder die Bedeutung der freien Szene und der Soziokultur je nach Thema hervorgeholt und unterstrichen. Es zeigt sich aber nicht in der tatsächlich entsprechenden Finanzierung. Es geht hierbei nicht um wirkliche Reichtümer, sondern um verhältnismäßig kleine Mittel. Es geht darum, die seit Jahrzehnten arbeitenden Einrichtungen auf verlässliche Basis zu stellen, von der aus die Arbeit passieren kann. Die bisher praktizierte jährlich zu beantragende Projektförderung stellt die meisten Einrichtungen vor die quälende, jedes Jahr immer wieder gleiche Frage: was denn an Fördermitteln und vor allem wann sie kommen. Die Einrichtungen haben zwar eine gewisse Verlässlichkeit, es bleibt aber eine Projektförderung und das ist etwas anderes als wenn man einen festen Rahmen hat, also eine strukturelle Förderung.

Hinzu kommt das Thema der Verteilung der Projektmittel aus dem Budgetrahmen für die einzelnen soziokulturellen Einrichtungen. Da sind wir als Landesarbeitsgemeinschaft, also als Fachverband, in keiner Weise an der Entscheidungsfindung beteiligt. Bei den Jugendkunstschulen sind wir als Fachverband mit unserer Expertise dabei. Das ist auch sinnvoll, weil wir Kontakt in die Einrichtungen haben und die Entwicklungen begleiten und verfolgen, was in den Einrichtungen passiert und was geleistet wird. So können wir den Stand, die Qualität und Entwicklung einschätzen und auf diesem Hintergrund die Entscheidungen fachlich unterstützen.
Im Grunde genommen ist der Förderbetrag auch dermaßen gedeckelt, dass eigentlich keine neue Einrichtung dazukommen kann, da sonst andere Einrichtungen Fördergelder abgeben müssten. Wenn ich dann auf der anderen Seite Reden höre, wie wichtig die freie Kulturarbeit gerade in den ländlichen Regionen ist, in denen keine öffentlichen Kultureinrichtungen sind, in denen zwar z.B. Musikvereine existieren, soziokulturelle Zentren und Jugendkunstschulen aber noch einmal ganz andere Sparten abdecken, muss ich natürlich auch fragen, warum hierfür dann nicht mehr Geld zur Verfügung gestellt wird, damit sich die kleinen Einrichtungen nicht totlaufen.

Die finanzielle Situation der Einrichtungen wird zusätzlich dadurch verschärft, dass die Prüfbehörden in den letzten Jahren immer strenger und die Mitarbeiter der Einrichtungen vor Ort immer unsicher geworden sind. Die Frage, die ihnen durch den Kopf schwirrt: „Auf was lasse ich mich da eigentlich ein, da es schließlich öffentliche Gelder sind, die ich verantworten muss.“

Es würde im Land wesentlich weniger Kultur geben, wenn es nicht so viele „positiv Verrückte“ gäbe, die neben ihrem bezahlten Job unendlich viel Freizeit investieren, um kulturelle Dinge zu entwickeln und umzusetzen.

 

Update 08.04.2016: Der Fehlerteufel hatte sich eingeschlichen und war munter über den Text gestapft. Das haben wir nun korrigiert.

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