Die Latitude21 liegt im Osten von Dijon, nicht weit vom Campus der Universität entfernt. Zwischen den ganzen naturfarbenen Wohnhäusern der Straße steht ein geradliniges, zweigeschossiges Gebäude mit Holzverkleidung und großen Fensterfronten: „La maison de l’architecture et de l’environment du Grand Dijon“. Theresa sitzt vor einem Computer am Tresen im Eingangsbereich. Neben dem Computer steht eine Murmelbahn, Kisten, gefüllt Bauklötzen auf dem Boden, Pflanzen auf dem Fensterbrett, Vogelhäuschen und Umweltbücher sind ordentlich ins Regal einsortiert. Als Theresa uns bemerkt, breitet sich ein großes Lächeln auf ihrem Gesicht aus.
Von oben viele hektische Schritte und Geschrei – auf die Frage, was dort passiert, grinst Theresa: „Die gehen einkaufen.“ Später finden wir heraus, was die Gruppe Schüler, die dort gerade zu Besuch in der Latitude war, eingekauft hat: Im oberen Stockwerk ist ein kompletter Einkaufsladen aufgebaut: Erdbeeren aus Plastik, Papp-Karotten, Tetrapaks, Dosen.
Alles ist ausgeschildert: die Erdbeeren aus Spanien, ein halbes Kilo für 3,50, das Apfelkompott aus der Dose ein Sonderangebot, die Karotten aus einem Vorort von Dijon, der Orangensaft mit Bio-Siegel. Der Unterschied zum klassischen Einkaufsladen aus dem Kinderzimmer: Hier wird nach dem Einkauf die CO2-Bilanz nachgeprüft und die Schulkinder konkurrieren in Kleingruppen um den umweltfreundlichsten Einkauf. Solche Animationen gehören zum Alltag der Latitude: „Die Schulklassen kommen hierher und machen die Animation vor Ort, aber wir haben auch viele Animateure, die über die Region Dijon – und somit über Latitude – angestellt sind und dann in die Schulen gehen“, erklärt Theresa.
Im Nachbarraum hängen Plakate an den Wänden, auf denen Raumschiffe abgebildet sind: „Es gibt hier auch Kunstausstellungen, es können aber auch einfach informative Ausstellungen sein, wie zum Beispiel jetzt über die Raumschiffe, die mit Solarpaneelen betrieben werden“. Neben den Animationen und wechselnden Ausstellungen gibt es einen weiteren Aufgabenbereich, für den Theresa zuständig ist: Die „Ateliers für die Familien“, erklärt sie und benutzt dabei den französischen Begriff. Die „Ateliers“ sind offene Workshops, die jeden Mittwoch und Samstag angeboten werden. Kinder und Jugendliche kommen außerhalb der Schulzeit vorbei und basteln, nähen oder beschäftigen sich zweieinhalb Stunden mit einem bestimmten Thema. Dabei können ganz unterschiedliche Sachen entstehen, die meist einen ökologischen Hintergedanken haben: „Zum Beispiel Nistkästen oder Kerzen, wir machen aber auch Naturkosmetik, Schmuck, Land-Art und meine Tetrapak-Portemonnaies – die waren sehr erfolgreich.“ Anfangs half die 20-Jährige ihren Kollegen nur bei der Durchführung der Workshops, seit Dezember bietet sie auch eigene an: „Stolz war ich, als ich am 6. Dezember mein erstes Atelier gemacht habe. Und in den Winterferien habe ich fast komplett alle Ateliers gemacht.“ Das liegt natürlich auch daran, dass ihr Französisch nach drei Monaten langsam flüssiger wurde: „Weil man dann nicht nur während des Ateliers sagen muss, was die Kinder jetzt machen sollen, sondern ja auch Small-Talk-mäßig vor Ort sein muss. Dann muss man auch die Kinder unterstützen, dass sie etwas jetzt gut gemacht haben. Und die Eltern vielleicht auch – die sind manchmal schlimmer als die Kinder“, sagt sie und grinst wieder.
Fotos: Melis Sivasli und Nina Sieverding
Gastautor
Unsere Gastautorin für diesen Beitrag ist Nina. Derzeit nimmt sie am deutsch-französischen-Freiwilligendienst teil, den sie in Frankreich leistet. Nina bloggt auch selbst. Man findet sie im WWW unter:
http://www.sheepish.de/.
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